Seit frühester Zeit verehren die Menschen ihre Ahninnen
  und Ahnen. Diese geben Rat und schützen sowohl die Sippen
  als auch das Land. Eine vielgestaltige Ahnfrau der Schöpfung
  steht am Anfang der Zeit. Aus ihr entstand der Kosmos, die
  Erde, Tiere, Pflanzen und Menschen. Sie ist die
  Stamm-Mutter der Clans. Mit vielen Namen wird sie
  angerufen, oft einfach mit "Mutter" oder
  "Grossmutter", was die verwandtschaftliche
  Beziehung zum Ausdruck bringt. Im Meer und Wald erscheint
  sie als Herrin der Tiere, die von den Menschen behutsam
  gejagt werden dürfen. Sie ist die Nährende der Sippen,
  indem sie Früchte, Pflanzen, Tiere und Quellen
  hervorbringt.
   
  
  
   
  Über Jahrtausende hinweg wird die Ahnfrau bildlich
  dargestellt. Frauen und Männer verehrten sie in einem
  Hausschrein oder an einem Kultplatz. Kleinere Figuren trug
  man als Amulette. Die symbolhaften Ahninnenstatuetten
  wurden von der Sippenmutter auf die Tochter vererbt. In
  spirituellen Angelegenheiten riefen die Haus-Schamaninnen
  sie an. Die Ahnfrau war Beschützerin, Ratgebende, Lebensspenderin sowie Tier-
  und Kornmutter. Als
  Schicksalsfrau bewirkte sie den Zyklus des Lebens. Ihre
  Kräfte der Erde symbolisieren Wandlung und Regeneration.
   
  
  
   
  Die weltweit verbreiteten Darstellungen der Ahnfrau
  beziehen sich auf eine Mythologie der Landschaft. Diese
  selbst wurde als ihre Schöpfung angesehen. Als
  Landschaftsahnin war sie in der Natur gegenwärtig. Man
  verehrte sie an heiligen Plätzen und in sakralen
  Landschaften. Doppelhügel stellen ihre Brüste dar, und
  ein Erdhügel ihren schwangeren Bauch. Bedeutsam waren
  auch Kulthöhlen, die im Landschaftskörper ihren heiligen
  Schoss repräsentieren. Ebenso können ganze Berge die
  Ahnfrau versinnbildlichen.
   
  
  
  
   
  Kultplätze und Ahnenstätten sind eng miteinander
  verwoben. So bezeichnen Erdwälle einen sakralen Bezirk,
  in dem die Ahnfrau als Kultstein gegenwärtig ist.
  Aufrechte und horizontale Steine bilden zusammen eine
  Grabstätte der Clanmutter mit ihren männlichen
  Wächterahnen. Als Genius Loci (Ortsgeist) wurde die
  Ahnfrau in einem Nabelstein (Omphalos) verehrt.
   
  
  
  
   
  Die Ahninnenkultur ist immer noch lebendig. Die Meeresgöttin
  Sedna ist Herrin der Tiere der Inuit. Die verschiedenen
  Kornpuppen weisen auf einen archaischen Brauch hin, die Kornmutter zu versinnbildlichen. Auch
  die Flurumgänge, Pilgerwege und
  Marienprozessionen erinnern an die Landschaftsahnin, wie
  sie die Natur segnet und Früchte hervorbringt. In Mythensagen
  und im Jahresbrauch entdecken wir viele Spuren der
  Naturverehrung und Ahninnenkultur, die in der Kulturgeschichte eine
  Erinnerungskultur bilden. 
   
  
  
  
   
  Die Tradition der Ahninnenkultur:
        
          - 
            Berichtet
            von der Abstammung vieler Völker
             
- 
            Zeigt
            die Manifestation einer personifizierten Landschaft 
- 
            Beschreibt
            die Grundlagen von alten Bräuchen im Festkalender 
- 
            Deutet
            Grabanlagen und Kultstätten als Ahnenorte 
- 
            Verdeutlicht
            in den Mythensagen eine Erinnerungskultur 
 
  
  >> Landschaftsarchäologie
  
  
  >> Namenlandschaft
  
  >> Natursagen und Mythenlandschaft
  >> Landschaftsmythologie